Fußball-Weltmeisterschaft 1954
FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft 1954 | |
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Championnat du Monde de Football 1954 | |
Offizielles Logo | |
Anzahl Nationen | 16 (von 38 Bewerbern) |
Weltmeister | BR Deutschland (1. Titel) |
Austragungsort | Schweiz |
Eröffnungsspiel | 16. Juni 1954 |
Endspiel | 4. Juli 1954 |
Spiele | 26 |
Tore | 140 (∅: 5,38 pro Spiel) |
Zuschauer | 889.500 (∅: 34.212 pro Spiel) |
Torschützenkönig | Sándor Kocsis (Ungarn) 11 Tore |
Platzverweise | 3 (∅: 0,12 pro Spiel) |
Die Endrunde der 5. Fußball-Weltmeisterschaft wurde vom 16. Juni bis zum 4. Juli 1954 in der Schweiz ausgetragen. Es traten 16 Nationalmannschaften zunächst in Gruppen- und danach in Ausscheidungsspielen gegeneinander an.
Außenseiter Deutschland gewann das Turnier nach einem 3:2-Sieg über die favorisierten Ungarn im Finale von Bern und wurde damit zum ersten Mal Fußball-Weltmeister. Für die Menschen in Deutschland erhielt das „Wunder von Bern“, wie der Sieg genannt wurde, Symbolkraft als ein Zeichen des Aufbruchs nach dem verlorenen Weltkrieg und den Entbehrungen der Nachkriegszeit. Im Spiel um den dritten Platz besiegte Österreich den Weltmeister von 1950 Uruguay mit 3:1. Torschützenkönig des Turniers wurde mit elf Treffern der kopfballstarke ungarische Stürmer Sándor Kocsis.
Die Fußballweltmeisterschaft 1954 war die erste, die auch offiziell die Bezeichnung Fußball-Weltmeisterschaft trug.Sie wurde in sechs verschiedenen Schweizer Städten ausgetragen. Insgesamt rund 890.000 Besucher verfolgten die 26 Begegnungen des zweieinhalbwöchigen Turniers in den Stadien. Darüber hinaus sahen die erstmals live übertragenen Spiele, die den höchsten Toreschnitt aller Meisterschaften hatten, mehrere Millionen Menschen vor den Fernsehgeräten.
Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in Bern. Die deutsche Mannschaft vor ihrem 3:2 Sieg über Ungarn. Von links: Fritz Walter, Toni Turek, Horst Eckel, Helmut Rahn, Ottmar Walter, Werner Liebrich, Jupp Posipal, Hans Schäfer, Werner Kohlmeyer, Karl Mai, Max Morlock
Qualifikation
Die Bewerbungsfrist zur Teilnahme an der Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 1954 endete am 31. Januar 1953. Neben den als Titelverteidiger beziehungsweise Gastgeber direkt qualifizierten Mannschaften aus Uruguay und der Schweiz bewarben sich 43 weitere Nationen um die restlichen vierzehn Startplätze für das Endturnier in der Schweiz. Nachdem elf Anmeldungen – darunter die der früheren WM-Teilnehmer Niederlande, Bolivien und Peru – von der FIFA aufgrund ihrer verspäteten Anmeldung nicht zugelassen wurden und Polen, die Volksrepublik China sowieTaiwan ihre Meldungen zurückzogen, nahmen schließlich 34 Nationalmannschaften an der Qualifikation teil, was einen neuen Teilnehmerrekord bedeutete. Mit Ausnahme Argentiniens waren somit zum ersten Mal alle großen Fußballnationen vertreten.
Die Qualifikationsgruppen wurden am Wochenende des 15. Februar 1953 durch das Organisationskomitee der FIFA-Weltmeisterschaft festgelegt.Hierbei wurden die Mannschaften den einzelnen Gruppen jedoch nicht per Los, sondern aufgrund mehr oder weniger geografischer Gesichtspunkte zugeteilt, was zum Teil zu heftigen Protesten führte.
Überraschend bei den vom 9. Mai 1953 bis 4. April 1954 dauernden Qualifikationsspielen war das Scheitern von Spanien, dem WM-Vierten von 1950, und Schweden, das bei den Olympischen Spielen 1948 mit dem Gewinn der Goldmedaille und vier Jahre zuvor in Brasilien mit dem dritten Platz überrascht hatte. Die Skandinavier mussten sich in ihrer Qualifikationsgruppe der MannschaftBelgiens geschlagen geben, was vor allem daran lag, dass die besten Spieler Schwedens für die Nationalmannschaft nicht einsetzbar waren, weil sie als Profis in Italien oder Frankreich spielten und der schwedische Verband sie dadurch nicht berücksichtigte. Spanien verpasste die Qualifikation äußerst unglücklich. Nachdem man den einzigen Gruppengegner Türkei im Hinspiel noch mit 4:1 besiegt hatte, unterlagen die Spanier im Rückspiel mit 1:0. Da bei Punktgleichheit das Torverhältnis nicht zählte, bedeutete dies ein Entscheidungsspiel auf neutralem Platz, welches mit 2:2 nach Verlängerung endete. Das Los entschied schließlich für die Türkei, die damit erstmals eine WM-Endrunde erreichte. Neben der türkischen Mannschaft schafften auch Schottland sowieSüdkorea - das sich etwas unerwartet gegen Japan durchsetzte – erstmals die Qualifikation.
Als überlegene Gruppensieger setzen sich zudem Deutschland, England, Frankreich, Italien, Jugoslawien, Brasilien und Mexiko durch. Ungarn erreichte das Endrundenturnier aufgrund des Rückzuges des polnischen Verbandes, ohne ein einziges Spiel auszutragen.
Im Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 1954 in Bern schießt Helmut Rahn das entscheidende 3. Tor zum Weltmeistertitel
Für die Endrunde der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz qualifizierten sich schließlich folgende Mannschaften:
12 aus Europa | Belgien | BR Deutschland | England | Frankreich | Italien |
Jugoslawien | Österreich | Schottland | Schweiz | Tschechoslowakei | |
Türkei | Ungarn | ||||
2 aus Südamerika | Brasilien | Uruguay | |||
1 aus Nord- und Mittelamerika | Mexiko | ||||
1 aus Asien | Südkorea |
Modus
Die WM 1954 wurde nach einem neuen, sehr umstrittenen Modus ausgetragen. Die 16 Teilnehmer bildeten vier Gruppen mit jeweils vier Mannschaften. Um die Anzahl der auszutragenden Spiele zu reduzieren und ein vorzeitiges Ausscheiden der Favoriten – welche ein hohes Zuschaueraufkommen erwarten ließen – zu verhindern, gehörten jeder Gruppe zwei gesetzte und zwei ungesetzte Mannschaften an, welche in den Gruppenspielen nicht gegeneinander zu spielen brauchten. Ein Sieg wurde mit zwei Punkten gewertet. Vorrundenspiele, die nach der regulären Spielzeit unentschieden standen, wurden um zweimal 15 Minuten verlängert. Gab es danach immer noch keinen Sieger, wurden die Punkte geteilt.
Nach den Gruppenspielen qualifizierten sich die beiden Erstplatzierten jeder Gruppe für das Viertelfinale. Bei der Ermittlung der Platzierungen wurden hierbei lediglich die erzielten Punkte, nicht das Torverhältnis gewertet. So wurde bei Punktgleichheit auf dem zweiten und dritten Platz ein Entscheidungsspiel um den Einzug ins Viertelfinale angesetzt. Bei Punktgleichheit auf dem ersten und zweiten Platz entschied das Los, so dass hierdurch auch zwei Mannschaften mit schlechterem Torverhältnis Gruppensieger wurden.
Ab dem Viertelfinale wurde das Turnier im K.-o.-System ausgetragen, bei dem sich der Sieger für die nächste Runde qualifizierte und der Verlierer ausschied. Ein Unentschieden in den K.-o.-Rundenspielen hätte zunächst zur Verlängerung der Spielzeit geführt. Hätte auch die Verlängerung keine Entscheidung gebracht, wäre der Sieger durch das Los ermittelt worden. Beim Endspiel hätte es eine Neuansetzung des Finales gegeben. Erst nach einem Unentschieden trotz Verlängerung im zweiten Finale hätte das Los die Weltmeisterschaft 1954 entschieden.
Auslosung
Die Auslosung der Vorrundengruppen der WM-Endrunde fand am 30. November 1953 in Zürich statt. Für die Auslosung wurden die Mannschaften gemäß dem Modus anhand ihres vermeintlichen Leistungsvermögens in gesetzte und ungesetzte Mannschaften unterteilt. Eine Besonderheit hierbei war, dass die Auslosung und Bestimmung der gesetzten Mannschaften bereits vor Abschluss der Qualifikationsspiele stattfand. So gehörten die Mannschaften Italiens und Spaniens zu den gesetzten Teams, obwohl die sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal qualifiziert hatten. Dies führte schließlich dazu, dass nach dem Ausscheiden Spaniens gegen die Türkei diese den Platz der gesetzten Spanier einnahmen, obwohl die Türken deutlich schwächer als andere ungesetzte Nationen wie Belgien, Schottland oder Deutschland eingeschätzt wurden.
gesetzt | nicht gesetzt |
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Uruguay | Japan − Südkorea * − Taiwan |
Brasilien − Paraguay − Chile | Mexiko − USA − Haiti |
England | Belgien |
Frankreich | BR Deutschland − Saarland |
Italien − Ägypten | Jugoslawien − Griechenland − Israel |
Österreich | Schottland − Nordirland |
Spanien − Türkei * | Schweiz |
Ungarn | Tschechoslowakei |
* Die fettgedruckten Mannschaften wurden zum Zeitpunkt der Auslosung von der FIFA favorisiert, sich für die Endrunde zu qualifizieren.
Allerdings qualifizierten sich Türkei und Südkorea anstelle von Spanien und Japan.
Allerdings qualifizierten sich Türkei und Südkorea anstelle von Spanien und Japan.
Nach der vorgenommenen Auslosung und dem Abschluss der Qualifikationsspiele ergab sich schließlich folgende Gruppeneinteilung:
Gruppe 1 | Gruppe 2 | Gruppe 3 | Gruppe 4 |
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Brasilien | Ungarn | Uruguay | England |
Frankreich | Türkei | Österreich | Italien |
Jugoslawien | BR Deutschland | Schottland | Schweiz |
Mexiko | Südkorea | Tschechoslowakei | Belgien |
Spielergebnisse
Gruppe 1
16. Juni 1954 in Genf | |||
Brasilien | – | Mexiko | 5:0 (4:0) |
16. Juni 1954 in Lausanne | |||
Frankreich | – | Jugoslawien | 0:1 (0:1) |
19. Juni 1954 in Genf | |||
Frankreich | – | Mexiko | 3:2 (1:0) |
19. Juni 1954 in Lausanne | |||
Brasilien | – | Jugoslawien | 1:1 n.V. (1:1, 0:0) |
Rang | Land | Sp. | S | U | N | Tore | Diff. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Jugoslawien* | 2 | 1 | 1 | 0 | 2:1 | +1 | 3:1 |
2 | Brasilien | 2 | 1 | 1 | 0 | 6:1 | +5 | 3:1 |
3 | Frankreich | 2 | 1 | 0 | 1 | 3:3 | 0 | 2:2 |
4 | Mexiko | 2 | 0 | 0 | 2 | 2:8 | -6 | 0:4 |
*Jugoslawien durch Losentscheid Gruppensieger |
Gruppe 2
17. Juni 1954 in Zürich | |||
Ungarn | – | Südkorea | 9:0 (4:0) |
17. Juni 1954 in Bern | |||
Türkei | – | BR Deutschland | 1:4 (1:1) |
20. Juni 1954 in Genf | |||
Türkei | – | Südkorea | 7:0 (4:0) |
20. Juni 1954 in Basel | |||
Ungarn | – | BR Deutschland | 8:3 (3:1) |
Entscheidungsspiel am 23. Juni 1954 in Zürich | |||
Türkei | – | BR Deutschland | 2:7 (1:3) |
Rang | Land | Sp. | S | U | N | Tore | Diff. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Ungarn | 2 | 2 | 0 | 0 | 17:3 | +14 | 4:0 |
2 | BR Deutschland* | 2 | 1 | 0 | 1 | 7:9 | -2 | 2:2 |
3 | Türkei | 2 | 1 | 0 | 1 | 8:4 | +4 | 2:2 |
4 | Südkorea | 2 | 0 | 0 | 2 | 0:16 | -16 | 0:4 |
* BR Deutschland durch Entscheidungsspiel Gruppenzweiter |
In der Gruppe 2 starteten die als größter Favorit auf die Weltmeisterschaft geltenden Ungarn, die bereits in den Jahren zuvor die ganze Welt mit fantastischem Offensivspiel begeistert hatten, mit einem 9:0-Kantersieg gegen den WM-Neuling Südkorea. Deutschland hatte, nach einem vierzehntägigen Trainingslager in Grünwald bei München, in seinem ersten Spiel die gesetzten Türken als Gegner. Obwohl Deutschland bereits nach drei Minuten in Rückstand geriet, setzen sich die Akteure um Spielmacher Fritz Walter letztlich durch. Schäfer glich nach einer knappen Viertelstunde aus. Trotz eindeutiger Überlegenheit dauerte es bis zur 50. Minute, ehe Klodt das 2:1 besorgte. Danach stellten Ottmar Walter und Max Morlock noch das Endergebnis von 4:1 her. Nachdem der klare Auftaktsieg gegen die gesetzten Türken das Weiterkommen in Aussicht gestellt hatte, stellte Sepp Herberger gegen die Ungarn nur ein besseres Reserveteam auf, da die einzige Konsequenz der absehbaren Niederlage ein zusätzliches Entscheidungsspiel gegen die Türkei um Platz zwei war. Das Spiel gegen die stark aufspielenden Ungarn endete 3:8. Da die Türken Südkorea mit 7:0 besiegt hatten, mussten die Deutschen wie erwartet ein zweites Mal gegen die Türkei antreten. Wieder mit der vermeintlich besten Aufstellung angetreten, wurde auch die zweite Auseinandersetzung zwischen den beiden Kontrahenten ein Siegeszug für die Deutschen. 7:2 hieß das eindeutige Endergebnis, wobei Max Morlock mit drei Treffern besonders auffiel.
Gruppe 3
16. Juni 1954 in Bern | |||
Uruguay | – | Tschechoslowakei | 2:0 (0:0) |
16. Juni 1954 in Zürich | |||
Österreich | – | Schottland | 1:0 (1:0) |
19. Juni 1954 in Zürich | |||
Österreich | – | Tschechoslowakei | 5:0 (4:0) |
19. Juni 1954 in Basel | |||
Uruguay | – | Schottland | 7:0 (2:0) |
Rang | Land | Sp. | S | U | N | Tore | Diff. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Österreich* | 2 | 2 | 0 | 0 | 6:0 | +6 | 4:0 |
2 | Uruguay | 2 | 2 | 0 | 0 | 9:0 | +9 | 4:0 |
3 | Tschechoslowakei | 2 | 0 | 0 | 2 | 0:7 | -7 | 0:4 |
4 | Schottland | 2 | 0 | 0 | 2 | 0:8 | -8 | 0:4 |
*Österreich durch Losentscheid Gruppensieger |
Gruppe 4
17. Juni 1954 in Basel | |||
England | – | Belgien | 4:4 n.V. (3:3, 2:1) |
17. Juni 1954 in Lausanne | |||
Italien | – | Schweiz | 1:2 (1:1) |
20. Juni 1954 in Bern | |||
England | – | Schweiz | 2:0 (1:0) |
20. Juni 1954 in Lugano | |||
Italien | – | Belgien | 4:1 (1:0) |
Entscheidungsspiel am 23. Juni 1954 in Basel | |||
Italien | – | Schweiz | 1:4 (0:1) |
Rang | Land | Sp. | S | U | N | Tore | Diff. | Punkte |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | England | 2 | 1 | 1 | 0 | 6:4 | +2 | 3:1 |
2 | Schweiz* | 2 | 1 | 0 | 1 | 2:3 | -1 | 2:2 |
3 | Italien | 2 | 1 | 0 | 1 | 5:3 | +2 | 2:2 |
4 | Belgien | 2 | 0 | 1 | 1 | 5:8 | -3 | 1:3 |
*Schweiz durch Entscheidungsspiel Gruppenzweiter |
Verteidiger Werner Kohlmeyer (r.) war einer von fünf Spielern des 1. FC Kaiserslautern im Finale. Rettungstaten auf der Linie, wie im Viertelfinale gegen Jugoslawien, machten ihn berühmt. Kohlmeyer, 1924 geboren, war mit 16 zum FCK gekommen, wurde 1948 Deutscher Meister und blieb dem Klub bis 1957 treu. Nach der Karriere, in der er als besonders fairer Spieler gegolten hatte, verfiel er der Alkoholsucht und hatte in der Folge mit einigen persönlichen Problemen zu kämpfen. Er lebte mit seiner Mutter in einer Sozialwohnung. Im Alter von 49 Jahren starb er an Herzversagen.
Spielplan Finalrunde
1 Sieg nach Verlängerung
Viertelfinale
26. Juni 1954 in Lausanne | |||
Österreich | – | Schweiz | 7:5 (5:4) |
26. Juni 1954 in Basel | |||
England | – | Uruguay | 2:4 (1:2) |
27. Juni 1954 in Genf | |||
Jugoslawien | – | BR Deutschland | 0:2 (0:1) |
27. Juni 1954 in Bern | |||
Ungarn | – | Brasilien | 4:2 (2:1) |
Das in Lausanne zwischen dem Gastgeber Schweiz und Österreich stattfindende Viertelfinalspiel stellt bis heute noch das torreichste Spiel der WM-Geschichte dar. In der „Hitzeschlacht von Lausanne“ führten die Schweizer nach 23 Minuten bereits 3:0. Noch vor Ende der ersten Halbzeit lag Österreich jedoch bereits mit 5:3 vorn. Mit 5:4 kamen die Mannschaften aus den Kabinen. 6:4, 6:5 und 7:5 war die weitere Treffer-Folge, womit Österreich die Schweiz etwas überraschend aus dem Turnier geworfen hatte.[7]
Mit Titelverteidiger Uruguay und England trafen im zweiten Viertelfinale zwei zum Favoritenkreis gehörende Mannschaften aufeinander. Den besseren Start erwischten die Südamerikaner. Bereits nach knapp fünf Minuten konnte Carlos Borges die Verwirrung in der englischen Hintermannschaft nutzen und zum 1:0 abstauben. In der 16. Minute sorgte der englische Mittelstürmer Nat Lofthouse zwar für den Ausgleich, was die Uruguayer jedoch in der Folgezeit nicht aus dem Rhythmus bringen ließ. Mit Toren in der 39. Minute und kurz nach der Halbzeitpause, bei denen der englische Torhüter Gil Merrick recht unglücklich aussah, gingen die Südamerikaner mit 3:1 in Führung. Die stark kämpfenden, aber spielerisch enttäuschenden Briten kamen durch Tom Finneyzwar noch einmal zum Anschluss, nach dem 4:2 durch Javier Ambrois in der 79. Minute war die Begegnung jedoch zugunsten des amtierenden Weltmeisters entschieden.
Deutschland musste sich mit den starken Jugoslawen messen und galt als Außenseiter. Durch ein unglückliches Eigentor von Horvath gingen die Deutschen nach neun Minuten in Führung. Dann begann eine Abwehrschlacht gegen die unaufhörlich angreifenden Jugoslawen. Doch Glück und Können in Person des fantastisch haltenden Toni Turek im Tor der Deutschen halfen, den immensen Druck des Gegners zu überwinden. Ein Konter in der 85. Minute brachte gar noch das 2:0 durch Helmut Rahn und den überraschenden Einzug der deutschen Mannschaft ins Halbfinale.
Als ruppigste und von übermäßiger Härte überschattete Begegnung des Turniers blieb der 4:2-Sieg von Ungarn über Vize-Weltmeister Brasilien in Erinnerung. Die Brasilianer verloren Nílton Santosund Humberto, die Ungarn Bozsik durch Platzverweis. Nach der Partie, die als die Schlacht von Bern in die Fußballgeschichte einging, prügelten sich die Beteiligten in den Kabinengängen weiter. Doch wieder hatten die Ungarn das bessere Team gestellt und ihre Favoritenrolle auf den Titel untermauert.
Halbfinale
30. Juni 1954 in Basel | |||
BR Deutschland | – | Österreich | 6:1 (1:0) |
30. Juni 1954 in Lausanne | |||
Ungarn | – | Uruguay | 4:2 n.V. (2:2, 1:0) |
Auch Österreich ging gegen die Deutschen als Favorit in die Semifinalbegegnung. Nach beidseitig schwachem Beginn gelang Schäfer das 1:0 für Deutschland. Nach der Pause kamen die Österreicher stark auf, doch Turek erwies sich wieder als unüberwindlich. Ein Eckstoß von Fritz Walter war der Ausgang für das wichtige 2:0 durch Max Morlock, mitten in der Drangperiode Österreichs. Zwar fiel kurz danach das 1:2. Als Schäfer jedoch aussichtsreich im Strafraum gefoult wurde und Fritz Walter per Elfmeter das 3:1 markierte, war das Spiel entschieden. Gegen die nun nahezu wehrlosen Österreicher schossen Fritz und zweimal Ottmar Walter noch einen 6:1-Sieg und die sensationelle Finalteilnahme heraus.
Wie erwartet lief die vermeintliche Wachablösung des amtierenden Weltmeisters Uruguay durch Ungarn im zweiten Halbfinalspiel ab. Jedoch war es für die Ungarn gegen den bislang bei Weltmeisterschaften ungeschlagenen Titelverteidiger wiederum ein schwer erkämpfter Sieg nach Verlängerung. Die Ungarn führten schon 2:0, doch sie mussten noch in der regulären Spielzeit das 2:2 hinnehmen. In der Verlängerung setzte sich jedoch die Spielkunst der Ungarn durch. Torjäger Kocsis war nicht mehr zu halten und schoss die Favoriten mit zwei Treffern zum 4:2-Erfolg ins Endspiel.
Spiel um Platz 3
Einen Tag vor dem Endspiel wurde im Zürcher Hardturmstadion das Spiel um Platz drei ausgetragen. Am 3. Juli 1954 trafen dabei der entthronte Weltmeister Uruguay und die Mannschaft Österreichs aufeinander. In einem Spiel, das die 30.000 Zuschauer kaum begeistern konnte, wirkten die Österreicher insgesamt etwas frischer und motivierter als ihre südamerikanischen Konkurrenten, denen man den Kräfteverschleiß aus der Verlängerung ihres Halbfinalspiels gegen Ungarn noch anmerkte. So ging Österreich in der 16. Spielminute auch durch einen von Ernst Stojaspal verwandelten Foulelfmeter in Führung. Der Ausgleich sechs Minuten später durch Juan Hohberg brachte Uruguay zurück ins Spiel. Zwei weitere Tore in der 2. Halbzeit bedeuteten den 3:1-Sieg und den 3. Platz für Österreich, den bislang größten Erfolg der Alpenrepublik bei einer Fußball-Weltmeisterschaft. Für Uruguay war dieses Spiel das Ende einer Ära. Nachdem ein Großteil der Spieler, die 1950 noch Weltmeister geworden waren, auch bei der WM-Endrunde 1954 noch zum Einsatz kamen, endete mit dem Turnier in der Schweiz für die meisten ihre internationale Karriere.
Finale
Im später als Wunder von Bern bezeichneten Endspiel um die Fußball-Weltmeisterschaft am 4. Juli 1954 standen sich Turnierfavorit Ungarn und der ungesetzte Außenseiter Deutschland gegenüber. Bei strömendem Regen begann das Spiel wie erwartet. Obwohl durch eine Verletzung geschwächt, brachte Ferenc Puskás die Ungarn schon in der sechsten Minute nach einem abgeprallten Kocsis-Schuss in Führung. Zwei Minuten später erhöhte Czibor nach einem schlechten Rückpass von Werner Kohlmeyer auf 2:0, ehe Max Morlock in der 11. Minute verkürzte. Die deutschen Angriffsbemühungen ebbten nicht ab und so erzielte Helmut Rahn nach Eckball von Fritz Walter und einem Fehler des ungarischen Torhüters Grosics in der 18. Minute den Ausgleich. Im Anschluss übernahmen die Ungarn wieder das Spiel, so dass eine Angriffswelle nach der nächsten auf das deutsche Tor lief. Auch in der zweiten Halbzeit änderte sich das Bild kaum. Der Favorit Ungarn kam ein ums andere Mal gefährlich vor das deutsche Tor. Hidegkuti traf nur den Pfosten, Kocsis die Querlatte, Kohlmeyer rettete auf der Linie und der deutsche Torhüter Toni Turekzeigte einige überragende Paraden. Sechs Minuten vor Ende der regulären Spielzeit nahm Flügelstürmer Helmut Rahn eine halbherzig abgewehrte Flanke auf, zog vom Strafraumeck ab und überwand Grocsis mit einem Flachschuss zum 3:2 für Deutschland. Kurz darauf wurde ein zweiter Treffer von Puskás wegen Abseitsstellung nicht anerkannt. Mit Konzentration und letzter Kraft brachte die deutsche Mannschaft die knappe Führung über die Zeit. Als der englische Schiedsrichter William Ling abpfiff, hatte die ungarische Mannschaft das erste Spiel seit 1950 verloren und mit ihm die so sicher geglaubte Weltmeisterschaft.
Der WM-Titel ist der bisher einzige, bei dem ein Weltmeister im Laufe des Turniers nur gegen Mannschaften des eigenen Kontinents spielte.
Die von Adolf „Adi“ Dassler entwickelten Fußballschuhe mit Schraubstollen sollen den Deutschen einen Vorteil verschafft haben. Während die durch den Dauerregen aufgeweichten Schuhe der Ungarn ihr Gewicht auf bis zu 1,5 Kilogramm verdoppelt hätten, brachten es die deutschen Schuhe auf lediglich 700 Gramm. Und zudem hätten die schlanken, hohen Nylonstollen, im Gegensatz zu den genagelten Lederstollen der Ungarn, einen viel besseren Stand geboten und keinen Schmutz gesammelt
Fritz Walter, Fußball-Weltmeister 1954
Triumphfahrt der Weltmeistermannschaft von 1954 durch München. V.l.n.r.: Fritz Walter, Hans Huber und Sepp Herberger
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