Mittwoch, 5. September 2012

Fußball-Weltmeisterschaft 1958


Fußball-Weltmeisterschaft 1958


FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft 1958
Sverige 1958
WM1958 logo.png
Anzahl Nationen16 (von 52 Bewerbern)
WeltmeisterBrasilien (1. Titel)
AustragungsortSchweden
Eröffnungsspiel8. Juni 1958
Endspiel29. Juni 1958
Spiele35
Tore126  (∅: 3,6 pro Spiel)
Zuschauer820.000  (∅: 23.429 pro Spiel)
TorschützenkönigFranzose Just Fontaine 13 Tore
Platzverweise(∅: 0,09 pro Spiel)
Die Endrunde zur 6. Fußball-Weltmeisterschaft wurde vom 8. bis zum 29. Juni 1958 in Schweden ausgetragen. Obwohl turnusgemäß nach dem Turnier 1954 in der Schweiz ein südamerikanisches Land als Gastgeber an der Reihe gewesen wäre, war Schweden der einzige Bewerber für die Austragung dieser Weltmeisterschaft. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren nur wenige Länder in der Lage, die Ausrichtung einer großen Sportveranstaltung zu organisieren, weshalb die Entscheidung vom FIFA-Kongress auf der Tagung vom 23. Juni 1950 in Rio de Janeiro für das im Krieg neutrale Schweden getroffen wurde. Die brasilianische Nationalmannschaft gewann mit dem damals erst 17-jährigen späteren Weltstar Pelé ihren ersten Weltmeistertitel durch einen 5:2-Sieg gegen das Team des Gastgebers. 16 Nationalmannschaften spielten in 4 Vorrundengruppen mit jeweils 4 Mannschaften um den Titel. In den 35 Spielen wurden 126 Tore erzielt. Torschützenkönig wurde der Franzose Just Fontaine, der mit 13 Treffern Frankreich zum dritten Platz schoss und einen bis heute nicht erreichten Rekord aufstellte. Der Titelverteidiger Deutschland, inzwischen durch den Beitritt des Saarlandes verstärkt, unterlag der Heimmannschaft im harten Halbfinale und Frankreich beim Spiel um Platz 3, Österreich schied in der Vorrunde sieglos aus, die Schweiz und die Mannschaft der DDR konnten sich nicht qualifizieren. 

Fußball-Weltmeister 1958 - Brasilien 

Das Fernsehen und die WM

Die Weltmeisterschaft 1958 war die erste, die vom Fernsehen auf alle Kontinente übertragen wurde. Die Live-Spiele wurden allerdings von der FIFA bestimmt. In der Bundesrepublik sah man u.a. die Vorrundenspiele gegen Argentinien und Nordirland sowie ein Viertel- und ein Halbfinalspiel original. Die Begegnung um Platz 3 und das Finale wurde ebenfalls im Fernsehen live gesendet. Da die Übertragung aller deutschen WM-Spiele nicht gewährleistet war, kam es am 24. Juni zu der kuriosen Situation, dass die Fußballfans in Deutschland um 19:00 auf dem Bildschirm das Halbfinalspiel zwischen Brasilien und Frankreich sahen, und gleichzeitig im Rundfunk der dramatischen Partie zwischen Deutschland und Schweden lauschten, die von Rudi Michel (1. Halbzeit) und Herbert Zimmermann (2. Halbzeit) kommentiert wurde.
Bewegte Bilder von der gesamten WM-Endrunde (inklusive der deutschen Halbfinalbegegnung gegen Schweden) gab es erst ab dem 4. Juli 1958 in den Kinos, als der WM-Dokumentarfilm Hinein!gezeigt wurde. Der Film wurde von der UfA und Generalkonsul Hans Schubert produziert. Chefreporter war Sammy Drechsel. Weitere Sprecher der Dokumentation waren Heribert Meisel, Herbert Zimmermann und Heinz Gottschalk.

Qualifikation

Von den insgesamt 52 gemeldeten Mannschaften konnten sich 14 Teams qualifizieren. Gastgeber Schweden und Deutschland als Titelverteidiger waren automatisch qualifiziert. Größte Überraschung war das Scheitern des zweifachen Weltmeisters Italien, das gegen die bis dahin unbedeutende Mannschaft aus Nordirland ausschied, und Uruguay, das in der Südamerika-Gruppe 2 der paraguayischen Mannschaft den Vortritt lassen musste. Spanien, dessen Vereine zu dieser Zeit die europäischen Pokalwettbewerbe beherrschten, verpasste die Qualifikation gegen Schottland. Die Mannschaft aus Wales nahm als Vertreter Asiens und Afrikas am Turnier teil, da sich alle islamischen Länder Afrikas und Asiens weigerten, gegen Israel anzutreten. Daher wurde mit Wales ein Gruppenzweiter der Europa-Qualifikation zugelost, der sich gegen Israel durchsetzen konnte. Die Nationalmannschaften von Nordirland, der Sowjetunion und Wales nahmen zum ersten Mal an einer Endrunde teil. Das Vereinigte Königreich war erst- und letztmals komplett mit seinen vier Verbänden England, Schottland, Wales und Nordirland vertreten.
12 aus EuropaBundesrepublik Deutschland BR DeutschlandEngland EnglandFrankreich FrankreichJugoslawien Jugoslawien
Nordirland NordirlandÖsterreich ÖsterreichSchottland SchottlandSchweden Schweden
Sowjetunion SowjetunionTschechoslowakei TschechoslowakeiUngarn UngarnWales Wales
3 aus SüdamerikaBrasilien BrasilienArgentinien ArgentinienParaguay Paraguay
1 aus Nord- und MittelamerikaMexiko Mexiko

Auslosung und Modus 

                                                
Festlegung des Spielplans bei der Auslosung

Die Mannschaften wurden nach geografischer Lage eingeteilt. Aus jedem der vier Töpfen wurde jeder Gruppe je eine Mannschaft frei zugelost. Schon vorher wurde festgelegt, dass die Gruppe mit Schweden in Stockholm spielt.
Topf 1:WesteuropaBR Deutschland • Frankreich • Österreich • Schweden
Topf 2:AmerikaArgentinien • Brasilien • Mexiko • Paraguay
Topf 3:GroßbritannienEngland • Nordirland • Schottland • Wales
Topf 4:OsteuropaJugoslawien • Sowjetunion • Tschechoslowakei • Ungarn
Die 16 Teilnehmer traten in vier Vorgruppen mit je vier Mannschaften an. Im Gegensatz zum vorangegangenen Turnier in der Schweiz wurde auf eine Setzliste verzichtet, so dass in den einzelnen Gruppen wieder jeder gegen jeden spielen musste. Die beiden Gruppenersten qualifizierten sich für das Viertelfinale, bei Punktgleichheit auf dem zweiten und dritten Platz wurde ein Entscheidungsspiel angesetzt. Ab dem Viertelfinale wurde das Turnier im K.-o.-Systemausgetragen.

Gruppenspiele

In Gruppe 1 setzte sich Deutschland dank zweier Unentschieden und eines Sieges über Argentinien durch, das lediglich Platz vier belegte. Frankreich platzierte sich in Gruppe 2 knapp vor Jugoslawien. Der als Ersatzspieler angereiste Just Fontaine erzielte sechs Tore. Schweden und Brasilien wurden nach überzeugenden Auftaktsiegen ungefährdet Gruppensieger.
In drei Gruppen gab es Entscheidungsspiele um Platz zwei. England unterlag dabei dem WM-Neuling Sowjetunion. Von den vier britischen Teams erreichten nur die ursprünglich als schwächer eingeschätzten Wales und Nordirland die nächste Runde. Österreich hatte das Pech, in die spielstärkste Gruppe gelost worden zu sein, und schied, nach einem Unentschieden gegen England, erwartungsgemäß aus.

Gruppe 1

8. Juni 1958 in Malmö
ArgentinienBR Deutschland1:3 (1:3)
8. Juni 1958 in Halmstad
NordirlandTschechoslowakei1:0 (1:0)
11. Juni 1958 in Helsingborg
BR DeutschlandTschechoslowakei2:2 (0:2)
11. Juni 1958 in Halmstad
ArgentinienNordirland3:1 (1:1)
15. Juni 1958 in Malmö
BR DeutschlandNordirland2:2 (1:1)
15. Juni 1958 in Helsingborg
TschechoslowakeiArgentinien6:1 (3:0)
RangLandSp.SUNToreDiff.Punkte
1Bundesrepublik Deutschland BR Deutschland31207:5+24:2
2Nordirland Nordirland*31114:5-13:3
3Tschechoslowakei Tschechoslowakei31118:4+43:3
4Argentinien Argentinien31025:10-52:4
*Nordirland durch Entscheidungsspiel Gruppenzweiter
Entscheidungsspiel um Platz 2:
17. Juni 1958 in Malmö
NordirlandTschechoslowakei2:1 n.V. (1:1, 1:1)

Nationalspieler Schmidt (r.) 1957 in der Partie gegen Schweden

Gruppe 2

8. Juni 1958 in Norrköping
FrankreichParaguay7:3 (2:2)
8. Juni 1958 in Västerås
JugoslawienSchottland1:1 (1:0)
11. Juni 1958 in Västerås
JugoslawienFrankreich3:2 (1:1)
11. Juni 1958 in Norrköping
ParaguaySchottland3:2 (2:1)
15. Juni 1958 in Örebro
FrankreichSchottland2:1 (2:0)
15. Juni 1958 in Eskilstuna
ParaguayJugoslawien3:3 (2:1)
RangLandSp.SUNToreDiff.Punkte
1Frankreich Frankreich320111:7+44:2
2Jugoslawien Jugoslawien32017:6+14:2
3Paraguay Paraguay31119:12-33:3
4Schottland Schottland30124:6-21:5

Gruppe 3


8. Juni 1958 in Stockholm
SchwedenMexiko3:0 (1:0)
8. Juni 1958 in Sandviken
UngarnWales1:1 (1:1)
11. Juni 1958 in Stockholm
MexikoWales1:1 (0:1)
11. Juni 1958 in Stockholm
SchwedenUngarn2:1 (1:0)
15. Juni 1958 in Stockholm
SchwedenWales0:0
15. Juni 1958 in Sandviken
UngarnMexiko4:0 (1:0)
Datei:Liedholm goal Sweden vs Mexico WC 1958.jpg
Schwedens Liedholm erzielt im Gruppenspiel gegen Mexiko ein Tor.
RangLandSp.SUNToreDiff.Punkte
1Schweden Schweden32105:1+45:1
2Wales Wales*30302:203:3
3Ungarn Ungarn31116:3+33:3
4Mexiko Mexiko30121:8-71:5
*Wales durch Entscheidungsspiel Gruppenzweiter
Entscheidungsspiel um Platz 2:
17. Juni 1958 in Stockholm
WalesUngarn2:1 (0:1)

Gruppe 4

8. Juni 1958 in Uddevalla
BrasilienÖsterreich3:0 (1:0)
8. Juni 1958 in Göteborg
SowjetunionEngland2:2 (1:0)
11. Juni 1958 in Göteborg
BrasilienEngland0:0
11. Juni 1958 in Borås
SowjetunionÖsterreich2:0 (1:0)
15. Juni 1958 in Göteborg
BrasilienSowjetunion2:0 (1:0)
15. Juni 1958 in Borås
EnglandÖsterreich2:2 (0:1)
Entscheidungsspiel um Platz 2:
17. Juni 1958 in Göteborg
SowjetunionEngland1:0 (0:0)

Finalrunde

ViertelfinaleHalbfinaleFinale
          
    
  Bundesrepublik Deutschland BR Deutschland 1
  Jugoslawien Jugoslawien 0 
  Bundesrepublik Deutschland BR Deutschland 1
   Schweden Schweden 3 
  Schweden Schweden 2
  SowjetunionSowjetunion 0 
  Schweden Schweden 2
   Brasilien Brasilien 5
  Frankreich Frankreich 4
  Nordirland Nordirland 0 
  Frankreich Frankreich 2Spiel um Platz drei
   Brasilien Brasilien 5 
  Brasilien Brasilien 1  Bundesrepublik Deutschland BR Deutschland 3
  Wales Wales 0   Frankreich Frankreich 6

Viertelfinale

Nordirland, Wales und die Sowjetunion hatten zum Erreichen des Viertelfinales Entscheidungsspiele absolvieren müssen und hatten weniger als 48 Stunden Zeit für Regeneration und Ortswechsel. Erwartungsgemäß waren sie in der nächsten Runde chancenlos – Brasilien, Frankreich und Schweden kamen zu leichten Siegen.
Deutschland hatte mit Jugoslawien einen deutlich schwierigeren Gegner zu überwinden. Eine frühe Führung durch Helmut Rahn konnte mühsam über die Zeit gerettet werden.
19. Juni 1958 in Malmö
Bundesrepublik Deutschland BR DeutschlandJugoslawien Jugoslawien1:0 (1:0)
19. Juni 1958 in Norrköping
Frankreich FrankreichNordirland Nordirland4:0 (1:0)
19. Juni 1958 in Stockholm
Schweden SchwedenSowjetunion Sowjetunion2:0 (0:0)
19. Juni 1958in Göteborg
Brasilien BrasilienWales Wales1:0 (0:0)

Halbfinale

Das deutsche Team musste sich in Göteborg in durch Megafon-Rufe gekennzeichneter Atmosphäre mit dem Gastgeber Schweden auseinandersetzen. Nach ausgeglichenem Spiel stand es zur Halbzeit 1:1. Dann wurde Erich Juskowiak wegen Revanchefoul an Italienprofi Kurt Hamrin vom Platz gestellt. Nach Verletzungsausfall von Fritz Walter gewannen die Schweden 3:1. Die sportlichen Beziehungen zwischen beiden Nationen blieben nach dieser „Schlacht von Göteborg“ für einige Jahre gestört.
21 Jahre alt war Uwe Seeler, als er 1958 zum ersten Mal bei einer FIFA WM mitspielte und gegen die Schweden mit ihren Fans scheiterte. 
Das zweite Halbfinalspiel zwischen Frankreich und Brasilien war lange Zeit ausgeglichen. Erst als sich der französische Kapitän Robert Jonquet nach gut einer halben Stunde beim Stand von 1:1 das Bein brach (und nach dem geltenden Reglement nicht ersetzt werden durfte), gewannen die Südamerikaner die Oberhand und siegten deutlich mit 5:2. Es ist bis heute der einzige Sieg Brasiliens gegen Frankreich bei einer WM, danach konnte Frankreich dreimal (1986, 1998 und 2006) gewinnen.

1958: Erich Juskowia
24. Juni 1958 in Göteborg
Schweden SchwedenBundesrepublik Deutschland BR Deutschland3:1 (1:1)
24. Juni 1958 in Stockholm
Frankreich FrankreichBrasilien Brasilien2:5 (1:2)

Spiel um Platz 3

28. Juni 1958 in Göteborg
Bundesrepublik Deutschland BR DeutschlandFrankreich Frankreich3:6 (1:3)
 
Die DFB-Auswahl (rechts), Frankreich und das Schiedsrichter-Team schreiten ins Ullevi-Stadion in Göteborg für das Spiel um Platz drei der FIFA WM 1958. Die Franzosen siegten 6:3. 

Endspiel

Gegen die spielstarken Brasilianer hatten die Schweden trotz ihres Heimvorteils keine Chance. Nach einem 0:1-Rückstand erzielten die Südamerikaner vier Tore in Folge. Durch das artistisch vollendete 3:1 machte erneut der siebzehnjährige Pelé auf sich aufmerksam, der damit endgültig zum großen Star dieser Weltmeisterschaft wurde.

29. Juni 1958 in Stockholm
Brasilien BrasilienSchweden Schweden5:2 (2:1)
Und ein neuer Fußballstern stand am Himmel


                                   PELE

Sonstiges

Nach der Niederlage im Halbfinale gegen Schweden kam es in Deutschland zu Ausschreitungen gegen schwedische Touristen. In Hamburg wurden Reifen von schwedischen Autos zerstochen und die sehr populäre Schwedenplatte verschwand von den Speisekarten von Restaurants. Auslöser war aus Sicht eines Teils der deutschen Öffentlichkeit das Verhalten einiger schwedischen Fans während des Spiels, die, von Animateuren ermuntert, eine vermeintlich feindliche Atmosphäre im Stadion von Göteborg verursachten, und der Platzverweis gegen Erich Juskowiak.
Mit England, Nordirland, Schottland und Wales nahmen zum bisher einzigen Male alle vier britischen Verbände an einer Endrunde teil. Von diesen erreichten nur die schwächer eingeschätzten Mannschaften aus Nordirland und Wales das Viertelfinale. Immerhin war England die einzige Mannschaft, die gegen den späteren Weltmeister Brasilien nicht verloren hatte, konnte aber auch keines seiner drei Gruppenspiele gewinnen und schied nach einem Entscheidungsspiel gegen die UdSSR aus.
Das Endspiel war das erste WM-Finale, in dem sich Mannschaften aus Europa und Südamerika gegenüberstanden. Mit seinem Sieg gelang es Brasilien zum ersten und bisher einzigen Mal, als südamerikanisches Land ein WM-Turnier in Europa zu gewinnen. Zudem war es der erste WM-Titel für ein Land, das im Turnierverlauf nur gegen Mannschaften anderer Konföderationen spielte. Dies gelang nur Brasilien 1994 und 2002 nochmals, mit dem Unterschied, das Brasilien 1958 nur gegen europäische Mannschaften spielte, 1994 und 2002 aber auch gegen afrikanische, mittel- und nordamerikanische Mannschaften. Es ist auch das bis heute einzige Finale in dem der Gastgeber unterlag. 1950 hatte Brasilien als Gastgeber zwar das letzte Spiel gegen Uruguay verloren, dies war aber kein eigentliches Finale.
Die Fußball-WM 1958 war Thema des fiktiven Dokumentationsfilms Konspiration 58 des schwedischen Regisseurs Johan Löfstedt von 2002. Darin wird behauptet, es gebe eine gleichnamige Gruppe, die der Überzeugung sei, die WM habe nie stattgefunden, sondern wäre ähnlich der Mondlandung als TV-Ereignis inszeniert gewesen. Dazu wird eine Vielzahl angeblicher Beweise geliefert. Der Film sollte eigentlich als Mockumentary die Zuschauer dazu anregen, Medienberichte kritischer zu hinterfragen. Die Behauptungen des Films verbreiteten sich jedoch alsVerschwörungstheorie weiter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen